Ohne Mängel

Tanja Willeke, Teamleiterin Quality Assurance der AOK Systems

Die Jahresabschlüsse werden bei Krankenkassen durch externe Wirtschaftsprüfer vorgenommen. Die AOK Systems kann den Prüfumfang bei ihren Kunden reduzieren. Wie das funktioniert, erläutert Tanja Willeke im Interview.

Im Jahr 2015 gab es die erste Zertifizierung von GKV-FI nach IDW PS 880. Warum haben wir diese erneuert?
Die erste Zertifizierung erfolgte 2015 für das Release 4.01. Eine erste Re-Zertifizierung für 4.03. folgte in 2016. Jetzt haben wir die zweite Re-Zertifizierung für 4.05 erhalten. Wir lassen jedes zweite Release zertifizieren, weil darin die Jahresrechnung enthalten ist. In diesen Releases liefern wir jeweils unser GKV-FI aus, also den Finanzsoftwarebaustein innerhalb von oscare®. Für die Krankenkassen ist dieser Bestandteil besonders wichtig, da sie für die Vorgaben im HGB und SGB nachweisen müssen, dass sie ordnungsgemäß arbeiten. Und wir lassen uns extern bescheinigen, dass unser GKV-FI als Bestandteil von oscare® diese Anforderungen erfüllt. Für die aktuelle Zertifizierung gab es zum dritten Mal keine kritischen Auffälligkeiten in unserer Software. Das freut uns natürlich besonders.

Wenn man auf die erste Zertifizierung zurückblickt: Was hat sich seitdem über die zwei Jahre verändert?
Mit dieser Zertifizierung werden zwei Dinge überprüft: zum einen das Produkt selbst sowie die ordnungsgemäße Anwendung und Funktionsfähigkeit. Zum anderen überprüft IDW PS 880 – so heißt die Zertifizierung korrekt – auch den Herstellungsprozess des Produktes. Mit 4.01 hatten wir uns seinerzeit nur die Herstellung und den Test angeschaut, mit 4.03 die Beauftragung und die Logik, wie ein Auftrag entsteht und wie entwickelt wird. Und für die aktuelle Zertifizierung, wie nach der Entwicklung abgenommen, getestet und ausgeliefert wird. Der Prüfumfang ist also kontinuierlich gewachsen.

Wer hat uns dieses Mal zertifiziert?
Das war die dhpg. Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft aus Gummersbach, mit der wir nun auch zum dritten Mal zusammengearbeitet haben. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) hat Prüfkriterien für eine Zertifizierung definiert und im Prüfstandard PS 880 für Softwareprodukte festgelegt. Und die dhpg überprüft wiederum uns und unsere Software, ob diese Kriterien erfüllt sind.

Warum freuen wir uns, dass wir die Zertifizierung erhalten haben?
Wir werden unseren Anforderungen prozessual wie gesetzlich gerecht. Mit oscare® wird eine mängelfreie Software eingesetzt, um den Finanzbereich und die Buchungen ordnungsgemäß sicherzustellen. Das von einer unabhängigen Gesellschaft bestätigt zu bekommen, freut uns und ist eine schöne Bestätigung.

Wie läuft so eine Auditierung praktisch ab?
Die Basis sind immer noch rund 400 Dokumente, die die dhpg auch bei der ersten Zertifizierung überprüfen musste. Das sind mal zehn oder fünf weniger, aber vom Umfang annähernd gleich. Diese Dokumente aktualisieren wir und die dhpg überprüft diesen Stand im Bezug zur Software.

Die Zertifizierung ist aber kein reines Studium der Dokumente, oder?
Nein, ganz und gar nicht. Die dhpg holt sich die Dokumente und versucht uns und unser Produkt zu verstehen. Sie überprüft dann in unserem Testsystem mit eigenen Testfällen das, was wir dokumentiert haben. Am Ende steht dann die Frage, ob bei ordnungsgemäßem Einsatz GKV-FI für den Jahresabschluss einer Krankenkasse eingesetzt werden kann.

Wie viele Mitarbeiter der AOK Systems sind daran beteiligt?
Dadurch, dass der Prüfumfang über die Jahre gewachsen ist, sind es rund ein Dutzend Personen in der AOK Systems. Erfreulicherweise ist der zeitliche Umfang aber nicht mitgewachsen, weil wir auch routinierter geworden sind. Die Prüfung hat im Zeitraum vom 01.01. bis 30.04. stattgefunden. Für die Prüfer wird es auch einfacher, da man uns mittlerweile kennt und sich auf die Änderungen zum Vorjahr konzentrieren kann. Im Prüfteam der dhpg wird aber von Jahr zu Jahr ein Mitarbeiter ausgetauscht, sodass hier immer wieder eine nicht routinierte Perspektive eingebracht wird. Das sichert die Objektivität ab.

Warum ist es für unsere Kunden so wichtig, dass wir diese Zertifizierung erhalten haben?
Sie werden entlastet, weil sie wiederum ihren externen Wirtschaftsprüfern eine Bescheinigung von uns vorlegen können, nach der die Software, mit der sie arbeiten, einen alle gesetzlichen Anforderungen erfüllenden Jahresabschluss erstellt. Dadurch reduzieren sich Themenfelder im Rahmen der Prüfung.

Wie geht das konkret?
Die Kasse wendet sich zunächst an mich. Dann geben wir einen Reliance-Letter raus, sozusagen die AGBs. Darin werden die Haftungsfragen geklärt und anschließend der Bericht verschickt. Diesen gibt die Kasse dann wiederum ihren externen Wirtschaftsprüfern und kann den Umfang, in dem sie von diesen geprüft wird, durch die Bescheinigung verringern.

Tanja Willeke, Teamleiterin Quality Assurance der AOK Systems

Zur Person:
Nach ihrem AOK-Betriebswirt 1993 absolvierte Tanja Willeke fünf Jahre später das VWA-Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Gesundheitsökonomie. Nach verschiedenen Fachabteilungen bei der AOK Hessen war sie mit nur 23 Jahren Teamleiterin und vier Jahre später Abteilungsleiterin für den Krankenhausbereich. Seit 1997 eingebunden in Projekten beim AOK Bundesverband, profitierte sie von ihren Erfahrungen rund um Prozesse und Verfahrensregelungen, die Umstellung auf Datenträgeraustausch und die steigenden Anforderungen an die Regelwerke.

Bei der AOK Systems ist sie seit 2002 und verantwortet die Anforderungen an Qualitätsmanagement, Risikomanagement und Verfahrens- und Prozessregelungen ebenso wie Entwicklungsrichtlinien für Dokumentation und Projektmanagementhandbuch sowie Testmanagementhandbuch. Die fachlichen Abläufe und die IT-Prozessoptimierung orientiert an Standards, ISO, IDW und gesetzlichen Anforderungen nach dem SGB sind ihr Steckenpferd. Dazu gehören die rechtlichen Anforderungen an Datenschutz und Automatisierung und die Spezifika an Revision, Datenschutz und IT-Sicherheit.