Herz ist Trumpf

 

Zum zweiten Mal nach dem Ende der Corona-Pandemie fanden die Informationstage der AOK Systems als Präsenzveranstaltung statt. Unter dem Motto „Heart. Soul. Code. Für eine starke GKV“ informierten sich Ende November rund 220 Besucherinnen und Besucher in Bonn vor allem über das Schwerpunktthema Künstliche Intelligenz sowie Digitalisierungsstrategien in der GKV. Auch gab es Gelegenheit, die neuesten Entwicklungen rund um oscare® kennenzulernen. Ergänzt wurde die zweitägige Veranstaltung durch Key Notes hochkarätiger Sprecher.

Nachdem bereits auf den Informationstagen 2024 der Aspekt Künstliche Intelligenz (KI) ganz oben auf der Tagesordnung gestanden hatte, rückte das Thema diesmal in verschiedenen Keynotes, Diskussionsrunden und Fachforen erneut in den Vordergrund. Wie groß der Bedarf war, sich über den aktuellen Stand der Dinge auf den Gebieten KI, Telematik und Cloudanwendungen auszutauschen, belegte die erfreuliche Resonanz der Veranstaltung: Rund 220 Gäste und viele AOK-Systems-Fachexpertinnen und -experten kamen am 26. und 27. November im „Kameha Grand“ zusammen, um die große, verglaste Halle des modernen Hotelkomplexes sowie diverse Nebenräume mit angeregten Gesprächen zu füllen. „Die GKV hat eine besondere Verantwortung, der wir auch mit künftigen KI-Lösungen gerecht werden müssen. Dabei sollten wir alle die Regulatorik nicht nur dazu verwenden, uns hinter Entscheidungen zu verstecken. Mein Appell an Führungskräfte sowie an alle Mitgestalterinnen und Mitgestalter: Lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen für die Zukunft suchen – und nicht nach Problemen“, erklärte Georg Büttner, Geschäftsführer der AOK Systems.


KI im Mittelpunkt

Gleich zum Auftakt stand das Thema KI im Mittelpunkt. Dabei betonte Prof. Dr. Volker Gruhn in seiner einleitenden Keynote, dass die sogenannte generative KI – welche neue Inhalte wie Texte, Bilder oder Codes erstellen kann, indem sie aus großen Datenmengen Muster und Strukturen erlernt – unter anderem auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung für spürbare Veränderungen sorgen wird. In diesem Zusammenhang zitierte der Lehrstuhlinhaber für Software Engineering an der Universität Duisburg-Essen eine Untersuchung der IW Consult im Auftrag von Google. Demnach könnten bis zu 82 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Sektor von KI profitieren, indem diese Routineaufgaben übernimmt. Dies gilt vor allem für Bürojobs, bei denen „vermeintlich kreative“ Aufgaben mit hoher Frequenz zu bearbeiten sind. Dazu zählen beispielsweise mobile Oberflächen, mit denen Stammdaten erfasst werden, oder Masken, mit denen man Daten eingibt oder sortiert – also genau solche Aufgaben, die auch in der GKV zum Büroalltag gehören.


Montgomery mit offenen Worten

Vor allem mit gesundheitspolitischen Aspekten beschäftigte sich Prof. Dr. Ulrich Montgomery in seiner Keynote. „Wir brauchen langfristig weniger Krankenhäuser – dafür größere und bessere“, warnte der Ehrenpräsident der Bundesärztekammer, „und auf der politischen Ebene endlich eine klare Kante.“ Stattdessen werde zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern „hin und her gehandelt, ohne dass es zu einer vernünftigen Lösung kommt. Dadurch werden die Krankenhäuser unkontrolliert kaputt gehen.“ Und auch mit Blick auf den KI-Einsatz in der Medizin hielt der ehemalige Vorsitzende des Weltärztebundes nicht mit seiner Meinung zurück: „Wer einen Schnupfen oder sich den Finger gebrochen hat, dem hilft keine App, sondern eine Ärztin oder ein Arzt. Wir müssen es schaffen, die Anwendung der künstlichen Intelligenz auf diejenigen Personen zu beschränken, denen damit wirklich geholfen wird.“ Trotz allem, betonte Montgomery, habe sich das Gesundheitswesen hierzulande „zu einem der höchstkompetentesten und besten der Welt entwickelt. So habe es ihn „stets mit größter Ruhe erfüllt, dass die größten Kritiker des deutschen Gesundheitswesens immer eine Reiserückholversicherung in der Tasche hatten, wenn sie ins Ausland fuhren“, resümierte er vor einem schmunzelnden Saalpublikum.


Viele spannende Panels

Egal, ob es um den Stand von KI- und Cloudanwendungen, um die Herausforderungen an der Telematikinfrastruktur oder die Zukunft der GKV ganz allgemein ging: Auch am zweiten Tag der Veranstaltung hielten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der einzelnen Panels mit ihren streitbaren Meinungen ebenso wenig zurück wie die Referenten. So verwies etwa HEK-Vorstand Torsten Kafka auf die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim sensiblen Thema Gesundheitsdaten: „Die Sicherheitsmechanismen in diesem Bereich müssen zweifellos hoch sein. Wenn ich aber in der analogen Welt eine Arztpraxis betrete, dann kommt es nicht selten vor, dass eine Arzthelferin mit dem Patienten für alle Anwesenden hörbar über dessen Krankheiten redet und die Diagnose-Dokumente gleichzeitig offen auf dem Tisch liegen. Wenn so etwas in der Telematikinfrastruktur passieren würde, wäre das ein riesiger Datenschutzskandal.“ Hier messe der Gesetzgeber mit zweierlei Maß: „Warum glauben wir, im digitalen Raum alles verhindern zu müssen, was theoretisch möglich wäre, während sich in der analogen Welt kein Mensch darum schert?“


Ein herzergreifender Vortrag

Was alles möglich ist, wenn Menschen „sich um etwas scheren“, demonstrierte die Abschluss-Keynote des Präsidenten des Schlosses Theatrum Herberge Hohenerxleben Stiftung, Heinrich Funke. In einem emotional bewegenden Vortrag erzählte dieser, wie er Mitte der 1990er-Jahre rein zufällig auf das damals verwahrloste Schloss gestoßen war und sich damals spontan dazu entschlossen hatte, dieses – gemeinsam mit zahlreichen anderen engagierten Personen vor Ort – wieder mit Leben zu erfüllen. Die Basis der heutigen Stiftung bildet eine einfache Erkenntnis: Wert schöpfen durch Wert geben. „Wir erachten die vielfältigen Fähigkeiten der Menschen als wertvoll und eröffnen ihnen mit neuen Aufgaben Wachstumschancen“, so Funke. „Dieses zwischenmenschlich wertgebende Verhalten haben wir in der Stiftungssatzung fest verankert. Es ist unsere Vision und unser Leitfaden im Zeitalter der kultivierten Skepsis und Kritik. Es ist unser Zauberwort und der Schlüssel zu unserem Wachstum und Erfolg.“ In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft immer weiter auseinanderzudriften droht, war diese Botschaft spürbar Balsam auf die Seele vieler Anwesenden und schlug damit final den Bogen zum Motto der Veranstaltung.

Weitere Einblicke zur Veranstaltung gibt es in unserem Film oben im Beitrag.


Autor: Daniel Poeschkens, Abteilungsleiter Marketing/Kommunikation