Quergelegt

Arndt Deters leitet seit acht Jahren das Produktmanagement der AOK Systems. Im Jahr 2016 stehen große Veränderungen an. Im Interview berichtet der 51-Jährige über Umbaumaßnahmen im Produktmanagement und welche positiven Effekte sich für Kunden ergeben.

Arndt Deters, Abteilungsleiter Produktmanagement der AOK Systems

Das Jahr 2015 markiert das Rollout-Ende der großen oscare®-Module in der AOK-Gemeinschaft. Jetzt erst mal durchatmen?
Die ganz großen Brocken Firmenkundenmanagement, Leistungsmanagement und Privatkundenmanagement sind ausgerollt, das stimmt. Damit steht unseren Kunden eine wirklich umfangreiche Software zur Verfügung, die sich zu Recht GKV-Branchenlösung nennt. Im Produktmanagement und in der ganzen AOK Systems genießen wir den Augenblick, atmen einmal tief durch und nutzen dann den Schwung für Veränderungen.

Welche Veränderungen werden das sein?
Wir haben uns im Produktmanagement bisher stark an den SAP-Modulen orientiert und uns intern auch so aufgestellt. Hier werden wir modifizieren. Die Grenzen der Verantwortlichkeit endeten bislang am Rand des Moduls. Es gibt aber viele Prozesse, die durchlaufen eine Reihe von oscare®-Bestandteilen, bewegen sich z. T. sogar außerhalb des Kerns, wenn es um angebundene Lösungen geht. Künftig werden wir im Produktmanagement eine End-to-End-Prozessverantwortung etablieren.

Ein Beispiel.
Will ich als Versicherter meiner Kasse Informationen, z. B. über ein Formular, zukommen lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich kann es in Papierform senden, über eine Online-Geschäftsstelle oder über eine mobile App. Hier sind schon mehrere Softwarebestandteile einbezogen. In der Vergangenheit haben sich dann die verantwortlichen Produktmanager zusammengesetzt und eine Lösung entworfen. Dies wird auch in Zukunft so sein – allerdings etablieren wir ergänzend eine eindeutige Prozessverantwortung bei einem Produktmanager.

Wie sieht der neue Ansatz aus?
Wir werden die starren Grenzen aufheben. Wir bewegen uns weg von einem rein produktzentrierten Denken. An erster Stelle steht für uns künftig der Prozess. Wir wollen prozessbezogenes Denken und produktorientiertes Denken miteinander kombinieren. Wir wollen den Prozess in seiner Gänze verstehen, aus Sicht des Anwenders. Wo fängt er an? Erst in der Kasse oder evtl. schon viel früher, z. B. in der Praxis? Und wo hört er auf? Ein Vorhaben, das uns neue Möglichkeiten eröffnet und von dem alle Beteiligten profitieren werden.

Ein schwieriges Vorhaben?
Eine der größten Stärken der AOK Systems sind das Know-how und die Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Durch vorhergehende Beschäftigungen kennen sie einfach das Geschäft und die Abläufe in einer Kasse. Ob ich jetzt senkrecht in Produkten oder quer in Prozessen denke, macht für den Einzelnen keinen Unterschied. Wir schneiden lediglich die Verantwortungen anders zu. Und es gibt nach wie vor auch Prozesse, die zu 95 % in einem Produkt stattfinden.

Prozessbezogenes und produktorientiertes Denken kombinieren

Ändert sich dadurch etwas Grundlegendes auf Kundenseite?
Nein, für die Kunden ändert sich nichts. Sie denken ohnehin prozessorientiert und wollen eine Lösung für ein konkretes Problem, und das losgelöst von Softwarebestandteilen oder Produktgrenzen.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten IT-Herausforderungen für den GKV-Markt?
Die Digitalisierung wird neue Anforderungen an uns und an oscare® stellen. Aufgrund der demografischen Entwicklung kommt auch der durchgängigen Prozessautomatisierung eine zentrale Bedeutung zu. Auch Umgang und Perspektiven mit Big Data werden das Geschäft einer Kasse verändern, z. B. in Richtung prädiktiver Analytik. Auf Basis dieser Technologien können neue Business-Szenarien entwickelt werden. Wirklich spannende Zeiten.

Wie sehen die Lösungen dazu aus?
Für die Automatisierung haben wir eine leistungsstarke Dunkelverarbeitungs-Engine, die im Zusammenspiel mit intelligenten Regelwerken 90 % der „Geradeausfälle“ in der Sachbearbeitung erledigen kann. Für interne Benchmarks und Effizienzsteigerung bieten wir eine Prozesstracking-Lösung an. Die Information, wo ein Prozess in der Bearbeitung gerade steht, kann den Versicherten dann künftig beispielsweise auch über einen Self Service abrufbar zur Verfügung gestellt werden.