Bausteine für eine Europäische Gesundheitsunion


Nach dem Europaparlament hat auch der Europäische Rat den letzten Maßnahmen für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren zugestimmt. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) soll eine Art europäisches Gesundheitsamt werden.

Der Rat der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union hat zwei Verordnungen angenommen, die Kapazitäten der EU bei der Reaktion auf künftige Pandemien und andere grenzüberschreitende Gesundheitskrisen zu erweitern und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und den EU-Agenturen zu vereinfachen. Der mit dem Parlament und der EU-Kommission ausgehandelte Kompromiss betrifft unter anderem den genauen Handlungsrahmen der bereits unter dem Dach der Kommission eingerichteten neuen EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen: HERA, die European Health Emergency Preparedness and Response Authority.


Gesundheitskrisenstab koordiniert im Notfall

Künftig kann die EU-Kommission einen EU-weiten Gesundheitsnotstand feststellen und Gegenmaßnahmen einleiten, darunter die Überwachung der Produktion wichtiger Arzneimittel und Medizinprodukte sowie eine entsprechende Bevorratung. Entgegen den ursprünglichen Vorschlägen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben sich die EU-Staaten jedoch auch bei den unmittelbaren Krisenreaktionen starke Mitspracherechte gesichert. Dem Gesundheitskrisenstab, der im Notfall die EU-Maßnahmen koordinieren soll, gehören neben Expertinnen und Experten der Kommission auch je ein:e Vertreter:in aus jedem Mitgliedstaat an. Zudem muss die Kommission den Krisenstab „nach Möglichkeit konsultieren“, bevor sie tätig wird.


Schwere Erkrankungen im Fokus

Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) – die EU-Agentur, die die EU bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten unterstützt, wurde in den Bereichen Überwachung, Frühwarnung, Vorsorge und Reaktion gestärkt. Das ECDC mit Sitz in Stockholm ist laut Beschluss der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs künftig nicht nur für übertragbare Krankheiten zuständig, sondern auch für andere schwere Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Herzerkrankungen. Zudem kann die Behörde nun im Fall eines Krankheitsausbruches selbst schnell eine EU-Gesundheitstaskforce einberufen, um die Reaktion auf Krankheitsausbrüche vor Ort zu unterstützen und den EU-Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kommission Fachwissen zur Verfügung zu stellen, wenn es zum Beispiel um die Entwicklung, Prüfung und Aktualisierung von Vorsorgeplänen geht.


Ein Europäisches Gesundheitsamt

Die Einrichtung soll eng mit der EU-Kommission, den Behörden der Mitgliedstaaten und anderen Einrichtungen der EU sowie internationalen Organisationen zusammenarbeiten, um die jeweiligen Tätigkeiten zu koordinieren und bei Bedarf zu ergänzen. Das ECDC wird auch mit der Entwicklung digitaler Plattformen für die epidemiologische Überwachung beauftragt werden. Damit aktuelle und vergleichbare Daten zur Verfügung stehen, koordiniert das ECDC in Zukunft die Normierung der Datenerhebungsverfahren, die Validierung und Analyse der Daten sowie ihre Verbreitung auf EU-Ebene. Das ECDC rücke damit an die Stelle eines Europäischen Gesundheitsamtes, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Peter Liese.


Autor/in: Daniel Poeschkens, Leiter Marketing/Kommunikation