AOK Systems – ein Steckbrief


Die AOK Systems ist ein Spezialist für integrierte IT-Komplettdienstleistungen. Schwerpunkt sind die gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen. Das Unternehmen beschäftigt über 700 Mitarbeiter:innen, in der Entwicklungseinheit Beiträge und Finanzen sind zwischen 30 und 40 Personen beschäftigt. Diese Einheit ist für alles zuständig, was Krankenkassen zum Managen von Geldströmen benötigen.


Zusammenarbeit mit Kunden verbessern

Im Jahr 2019 startete die AOK Systems eine Unternehmenstransformation mit agilen Leitplanken. Marco Bonk wurde Interimscoach innerhalb der Entwicklungseinheit Beiträge und Finanzen, deren Arbeit teamzentriert und damit kundenorientiert organisiert werden sollte. Die Gruppe besaß feste Strukturen mit Abteilungsleiter, mehreren Teil- und Projektleiter:innen, fachlichen und technischen Entwickler:innen sowie Support-Mitarbeiter:innen. „Wichtig war die Erkenntnis, dass es nicht darum ging, ein agiles Rahmenwerk aus dem Buch zu etablieren“, erinnert sich Bonk. „Kanban hatten wir bereits erfolglos ausprobiert, die Skepsis war entsprechend hoch. Ich dachte mir, dass es in erster Linie um Unterstützung gehen müsse, wie die Teams innerhalb der Unternehmensrichtlinien ihre Vorgehensweise selbst definieren können. Darauf würde dann die Begleitung bei der kontinuierlichen Verbesserung folgen.“


Eine neue und selbst organisierte Struktur

Die Abteilung strebte einen Teamfindungsworkshop an. Dafür gründete sich ein vom Coach begleitetes Vorbereitungsteam. Eine Herausforderung war, dass an anderer Stelle Entscheidungen getroffen wurden, die Auswirkungen auf die Teamstruktur haben würden. Da zeitnahe Informationen dazu nicht verfügbar waren, streckte sich die Vorbereitung über drei Monate. Der Coach half dem Vorbereitungsteam dabei, mit den Unwägbarkeiten umzugehen und trotz unsicherer Informationslage genügend Kriterien abzuleiten. Das Vierteljahr kam dem Coach lang vor. In Reflektion beziehungsweise Supervision bestätigten jedoch alle konsultierten Personen, dass der Zeitraum angemessen gewesen war – auch, weil den Beteiligten durch das Miteinander die Sorge genommen wurde, der Coach würde eigene Lösungen durchsetzen wollen. Bei Vorbereitung, Teamfindung und der anschließenden Begleitung konnte sich der Coach auch in schwierigen Kontexten Gehör verschaffen, ohne dass die Beteiligten die versteckte Agenda eines externen Beraters befürchteten. Durch das vorab aufgebaute Vertrauen waren alle überzeugt, dass es mit dem Coach keine Überraschungen geben würde und er alle Informationen transparent macht. Dieses Vertrauen war die Grundlage für eine nachhaltige Veränderung der Abteilungsstruktur.
Im Januar 2021 sollten die Beteiligten schließlich eigenständig Konstellationen für die zukünftige Teamarbeit finden. Zu Beginn stellte die Vorbereitungsgruppe die Rahmenbedingungen vor und klärte Fragen. Anschließend fanden sich die Mitarbeiter:innen in mehreren Runden in unterschiedlichen Teamkonstellationen zusammen und reflektierten die in der letzten Runde gefundenen Teams in Bezug auf die Rahmenbedingungen. Dazu gehörte unter anderem:

  • Jedes Team sollte einen Product Owner haben.
  • Kein Team sollte aus mehr als neun Personen bestehen.
  • Die technischen und fachlichen Entwickler:innen sollten gleichmäßig verteilt sein.
  • Besonders wichtig: Die Teams sollten so aufgestellt sein, dass sie eine End-to-End- Verantwortung übernehmen können.


Neue Konstellation für kontinuierliche Verbesserung

Neben der rein strukturellen Aufteilung in Teams war noch eine grundsätzliche thematische Zuordnung zu ermitteln. Ein Team würde nämlich die Verantwortung für die Prozesse bezüglich Privatkunden und eines die für Firmenkunden übernehmen, der Schwerpunkt eines weiteren Teams sollten Finanzprozesse sein. Zwischen diesen Teams waren zahlreiche weitere Prozesse angesiedelt, die eindeutig einem Team zugeordnet werden sollten. Nach mehreren Runden erkannte die Gruppe, dass keine perfekte Lösung für Teamschnitt und Zuordnung existierte. So einigte man sich auf eine erste Teamstruktur, mit der man die Arbeit beginnen und Erfahrungen sammeln wollte. Der Coach begleitete die neu entstandenen Teams bei der Etablierung ihrer Arbeitsprozesse. Das Feedback der AOK Systems: „Der Einsatz unseres externen Coaches war für uns von essenzieller Bedeutung. Es war wichtig, einen Profi an Bord zu haben, der dafür sorgt, dass wir uns im Transformationsprozess nicht verzetteln. Gleichzeitig war dadurch sichergestellt, dass die speziell für das jeweilige Team passenden Methodiken für eine effiziente und funktionierende Zusammenarbeit verprobt und letztlich angewandt werden konnten.“


Kritik entfaltet positive Dynamik

Nach drei Monaten Erfahrungen mit den neuen Teams war nicht sofort alles im Idealzustand. Die Meinungen waren gemischt zwischen „jetzt ist das viel besser, ich möchte nie wieder zurück zur alten Arbeitsorganisation“ bis hin zu „so kann das doch gar nicht funktionieren“. In einem Team zeigten sich schnell deutliche Erfolge durchs agile Arbeiten. Hier wurde es nach und nach selbstverständlich, dass viele Entscheidungen auf Teamebene getroffen werden können und es darum möglich ist, den Arbeitsprozess immer wieder anzupassen. In diesem Team gab es zwei Personen, die starke Treiber für neue Ideen waren, und einen deutlichen Kritiker, der beständig, aber konstruktiv die Lücken zwischen gewünschter und aktueller Arbeitsweise ansprach. Das Team nahm diese Kritik stets als Anregung für Veränderungen auf. Nach ersten Erfolgen und dem Erleben von Selbstwirksamkeit wurde aus dem Kritiker ein starker Unterstützer. Bei den anderen Teams stellte sich die selbstverstärkende positive Dynamik langsamer ein. Durch die fokussierte Begleitung der Teams wurden jedoch auch dort kontinuierliche Verbesserungsprozesse etabliert.


Autor/in: Ulrike Streck-Plath